Nutrigenomik beim Hund

Nutrigenomik ist ein Kunstwort aus den Begriffen „Nutrimentum“ (Lat.: Nahrung) und „Genomik“ (systematische Analyse aller Gene). Es ist ein noch relativ junger Forschungszweig, der sich mit dem Wirkung der Ernährung auf die Gene bzw. das Genom eines Lebewesens befaßt. Die Nutrigenomik erforscht, wie Nahrungsmittel und Nährstoffe die Genexpression beeinflussen.

Genom und Gene - die Erbinformation

Die DNA trägt die Erbinformationen in Genen, den kleinen Infomationseinheiten und Bauplänen für Eiweiße (Proteine) , die jede Zelle zum funktionieren braucht. Die Eiweiße stellen die arbeitenden Maschinen der Zelle dar, die Gene bestimmen, wieviele von ihnen gebaut werden. In jeder einzelnen Körperzelle steuern die Gene der DNA so die Aktivität der Zelle.

Die Proteine übernehmen im Körper viele wichtige Aufgaben, z. B. als:

  • Enzyme, die als Biokatalysatoren die chemischen Reaktionen ermöglichen und steuern
  • Muskelzellen, die Bewegung ermöglichen
  • Hormone, die verschiedene Prozesse im Körper steuern

Regulation der Proteinsynthese: die Genexpression

Wenn alle Gene gleichzeitig aktiv wären und ihre Anweisungen zur Bildung von Proteinen liefern würde, würde im Organismus absolutes Chaos herrschen. Deshalb kann die Zelle die Menge der Proteine verändern: sie verändert die Ablesehäufigkeit der Gene, die Genexpression.

Gesteuert wird die Genexpression auch durch das Epigenom. Dies ist eine Molekülschicht, die die DNA und ihre angehängten Proteine umgibt. So reguliert sie, welche Moleküle die DNA erreichen - wie ein Filter. Das Epigenom ist für die chemischen Vorgänge verantwortlich, die die Genexpression steuern.

Das Epigenom reagiert auf Signale der Umwelt, unter Anderem auf Nahrung. Es verändert so das Milieu in der Zelle, und die Arbeit und Produktion der Zelle. Es ist maßgeblich daran beteiligt, dass ein Organismus sich an seine Umwelt anpassen kann.

Das Epigenom wird an die Nachkommen vererbt - auch wenn es nicht zur eigentlichen Erbsubstanz DNA gehört. So verändert die Nahrung der Eltern nicht nur ihr eigenes Epigenom, sondern sie bestimmt auch das Epigenom der Nachkommen. (So wird die Hungerzeit nach dem 1. und 2. Weltkrieg auch für die Häufigkeit von Diabetes in Mitteleuropa verantwortlich gemacht: überlebt haben damals die Menschen, die leichter Fett speichern konnten …) Wichtiger für unsere Hunde aber ist, daß man das Epigenom durch Nahrung beeinflussen kann. Frische, hochwertige Nahrung setzt neue, gesunde Impulse.

Zusammengefaßt kann man sagen:

  • Nahrungschemikalien wirken direkt oder indirekt auf das Genom. Sie verändern die Genexpression oder -struktur.
  • Rassedisposition und Umwelteinflüsse: Unter Umständen und bei einigen Hunden kann die Ernährung ein ernstzunehmender Risikofaktor für eine Reihe von Krankheiten sein. (Andere sind gesünder oder widerstandsfähiger, eine Aussage über einen bestimmten Hund ist kaum möglich.)
  • Einige ernährungsregulierte Gene spielen wahrscheinlich eine Rolle bei einigen chronischer Erkrankungen.
  • Der Grad, in dem die Nahrung das Gleichgewicht zwischen gesunden und kranken Zuständen beeinflusst, kann von der genetischen Ausstattung eines Individuums abhängen.
  • Eine individualisierte Ernährung unter Berücksichtigung des Nährstoffbedarfs, des Ernährungszustands und dse Genotyps kann helfen, chronische Krankheiten zu verhindern oder sie zu bessern.

Zusammensaßt kann man sagen: eine gesunde, ausgewogene Nahrung ist für manche Hunde wichtiger als für andere, nicht so belastete. Nützen aber wird sie vermutlich allen.

drei Chihuahuas laufen über hohes Gras
jeder dieser drei Chihuahuas braucht eine individuelle Nahrung - aber einige Stoffe nützen ihnen allen

Entzündungsprozesse im Körper

Chronische Entzündungsprozesse sind für viele chronische Krankheiten verantwortlich. Das meint weniger die äußerlich sichtbaren Entzündungen, sondern Entzündungen auf zellulärer Ebene.

Akute Entzündungsprozesse sind Reaktionen des Abwehrsystems auf Erreger oder Verletzungen. Chronische Entzündungsprozesse bestehen über längere Zeit, beim Hund ca. 4 Wochen. Der Körper kann ein Problem nicht beseitigen, und so "köchelt er es auf niedriger Flamme weiter". Er gibt den Kampf um Gesundheit nicht auf, aber er investiert keine großen Ressourcen mehr. Diese chronischen Entzündungsprozesse sind für die Entstehung vieler Krankheiten verantwortlich. Das gilt für Krebs, für Autoimmunerkrankungen, für viele Verdauungsstörungen und Hautprobleme. Auch Allergien und die Allergiebereitschaft, Arthrosen, Diabetes fallen hier hinein.

Übergewicht spielt hier ebenfalls eine Rolle. Es wirkt ebenfalls wie eine chronische Entzündung. Fettgewebe ist oft übersäuert und lenkt den Körper in eine azidotische Stoffwechsellage. So steigt die Häufigkeit für ein metabolisches Syndrom, Diabetes und Herz-Kreislaufkrankheiten (beim Menschen).

Die Nahrung beeinflußt die Genexpression. Mit entzündungshemmenden bzw. durch einen Verzicht auf entzündungs-fördernden Nahrungsmitteln können chronische Entzündungsprozesse verringert werden. (Gichtanfälle nach Schweinebraten waren beim Menschen gefürchtet …).

Funktionale Nahrungsmittel

Als „funktionale Nahrungsmittel“ gelten Stoffe, die eine gesunde Genexpression unterstützen. Sie geben dem Epigenom günstige Signale. Meistens wirken diese Nahrungsmittel entzündungshemmend im Körper. Das können z.B. sekundäre Pflanzenstoffe oder Vitamine sein.

Einige Nahrungsmittel sind für fast jedem "funktional" und nützlich. Trotzdem ist die Einzigartigkeit des individuellem Genoms entscheidend. Ein Beispiel sind Futtermittelunverträglichkeiten – der eine Hund verträgt Hühnerfleisch, ein anderer nicht.

Auch Herkunft, Zubereitung und toxische Belastung eines Nahrungsmittel wirkt auf sich die Funktionalität aus. Pestizide, Pflanzenschutzmittel, Antibiotika oder sonstige schädliche Mittel belasten den Stoffwechsel eines Hundes. Gerade die Zubereitung und die Schadstoffbelastung kann hier entscheiden sein.

Was bedeutet das für unsere Hunde & Katzen?

Funktional ist ein Futtermittel nicht sofort, wenn es nicht giftig ist. Funktional ist es, wenn es sich positiv auf die Gesundheit auswirkt.

Vorsichtig sollte man bei besonders sein bei:

  • Fleisch aus Massentierhaltung (Stressbelastet)
  • mit Antibiotika belastete Lebensmittel
  • mit Pestiziden gespritzte Lebensmittel
  • Hundefutter mit großen Mengen Pflanzenproteinen oder sehr viel Kohlehydraten
  • großer Anteil Kohlenhydrate, besonders mit hohem glykämischen Index
  • Schimmelige oder verdorbene Lebensmittel
  • künstliche Farbstoffe
  • künstliche Konservierungsstoffe
  • und alle Lebensmittel, auf die das einzelne Tier eine Intoleranz zeigt

Quellen:

  • Dr. Peter Spork: Der zweite Code, Epigenetik
  • Kaput J and Rodriguez R; „Physiol Nutritional genomics: the next frontier in the postgenomic era“; Genomics 16: 166–177, 2004; 10.1152 / physiolgenomics.00107.2003.
  • Wayne R. Bidlack, Raymond L. Rodriguez; „Nutritional Genomics: The Impact of Dietary Regulation of Gene Function on Human Disease“ CRC Press; 1 edition (19 April 2016)
  • Dodds, W. Jean, & Diana Laverdure; Canine Nutrigenomics: The New Science of Feeding Your Dog for Optimum Health; N.p.: Dogwise, 2015. Print.
weißer Schäferhund
viele weiße Schäferhunde sind vorbelastet. Bei ihnen kann eine funktionelle Ernährung besonders nützlich sein.

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Für belastete Hunde und Hunde mit bekannte Dispositionen kann die Nutrigenomik eine Möglichkeit zu längerer Gesundheit sein. Für längere Lebensfreude …